Klimapolitik

Mehr steuern, weniger besteurn

Dr. Peter Bechstein | Erstellt am 09. Dezember 2019

#Klimaschutz #Steuern #Klimapaket

Die letzten Wochen kannten nur ein Thema, das aber in unzähligen Facetten: wie steuern wir gegen den Klimawandel? Tatsächlich ist in den letzten Tagen, ehe sich die Bundesregierung auf ein Klimapaket zu einigen hatte, so viel über CO2-Emissionen, Klimaneutralität oder Nachhaltigkeit diskutiert werden wie noch nie. Und auch die Ernsthaftigkeit der Debatte hat an Qualität zugenommen.

…der überwiegende Teil der Bevölkerung erkennt inzwischen den Klimawandel als Faktum an und zeigt sich bereit, Verhalten und Verbrauch neu auszurichten.

Dass Klimaschutz in den letzten Wochen so sehr in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gedrückt wurde, hat viele Ursachen: die tägliche Wetterbeobachtung mit Starkregen, Tornados und Hitzewellen, die zum Teil hitzige Debatte rund um das Klimapaket der Großen Koalition und nicht zuletzt die Bewegung Fridays for Future, deren Verdienst – egal wie man zu ihr stehen mag – immerhin darin besteht, die Dringlichkeit des Themas stärker ins Bewusstsein gerufen zu haben.

Der große demokratische Diskurs, der seit dem eingesetzt hat, scheint sich zu lohnen. Denn der überwiegende Teil der Bevölkerung erkennt inzwischen den Klimawandel als Faktum an und zeigt sich bereit, Verhalten und Verbrauch neu auszurichten. Dabei ist es beruhigend, dass die Große Koalition im Grundsatz mehr Steuerung durch Anreize für jeden Einzelnen, jeden Haushalt, jedes Unternehmen, jede Kommune zu favorisieren scheint, statt durch Besteuerung neue Einnahmequellen zu suchen. Sie schafft damit die Rahmenbedingungen, in denen sich klimabewusstes Verhalten ausprägen kann.

Aber die Auseinandersetzung um die richtigen Schritte endet nicht mit der Verabschiedung des Klimapakets der Bundesregierung, sondern beginnt eigentlich erst damit: jetzt geht es um die Ausgestaltung, die sozialverträglich, innovationsfördernd und wirtschaftsfreundlich geprägt sein muss. Dass die Umsetzung des Klimapakets teuer sein wird, ist unbestritten: im Gespräch sind Gesamtkosten von 50 Milliarden Euro. Aber man darf diejenigen, die diese Mehrkosten letztendlich zu tragen haben – nämlich die Steuerzahler in Gestalt von privaten Haushalten und Unternehmen – nicht gleichzeitig knebeln und so daran hindern, diese Last auch zu tragen. Deshalb ist es wichtiger zu steuern als zu besteuern.

Deshalb ist es richtig und wichtig, die zu belohnen, die ihren CO2-Ausstoß aktiv senken, indem sie innovative Lösungen in Gestalt von schadstoffarmen Fahrzeugen, Maßnahmen zur Energieeinsparung oder nachhaltigen Bewirtschaftung umsetzen. Gleichzeitig dürfen nicht diejenigen stärker belastet werden, die – wie zum Beispiel Pendler auf dem Lande – auf bezahlbare Mobilität angewiesen sind. Es wirkt also durchaus steuernd, wenn Inlandflüge teurer werden, weil Subventionen wegfallen, Bahnfahren dagegen günstiger, weil der niedrigere Steuersatz angesetzt werden kann.

Das alles wird noch viel Abstimmungsaufwand im Detail erfordern und deshalb mit aller Wahrscheinlichkeit nicht auf einem Schlag, sondern innerhalb eines Stufenplans verwirklicht werden. Denn bei jeder Maßnahme, die auf den ersten Blick folgerichtig und zielführend erscheinen mag, muss abgeschätzt werden, welche steuernde Wirkung sie tatsächlich entfalten wird.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie hat deshalb schon angekündigt, dass die Wirtschaft das Klimapaket mittragen, aber auch durch Einflussnahme mitgestalten wird. Diese Chance wird sich für jeden Unternehmer und jeden privaten Steuerzahler in den kommenden Monaten zur Genüge ergeben. Man muss sie aber auch nutzen. Denn es geht nicht um die Frage, ob wir die gesteckten Klimaziele erreichen wollen, sondern wie und mit welchen Mitteln. Dazu setzt die Bundesregierung die Rahmenbedingungen. Umsetzen aber wird sie jeder Einzelne müssen. Insofern werden auch die nächsten Wochen und Monate ein zentrales Thema kennen. Es gilt, den Diskurs auch tatsächlich zu nutzen. So kann Steuern statt Besteuern gelingen.